Der Alterungsprozess eines Pferdes beginnt im Grunde genommen bereits ab dem Zeitpunkt der Geburt. In den ersten Lebensjahren ist dieser Prozess eine „positive Weiterentwicklung“ der körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Irgendwann endet diese Phase und der „negative“ Abschnitt dieses Prozesses beginnt, wenn sich die ersten degenerativen Erscheinungen beim Pferd bemerkbar machen.
Die degenerativen Erscheinungen im Alter können bei jedem Pferd unterschiedlich ausfallen. Beschwerden, welche bei einem Pferd auftreten, machen sich vielleicht bei einem anderen gar nicht, oder kaum bemerkbar. Wichtig ist, das die Pferdebesitzer auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Tiere individuell eingehen, denn es gibt immer einiges was man tun kann, um die Altersbeschwerden bei Pferden zu reduzieren und ihnen auch im Alter ein schönes, angenehmes Leben zu bereiten.
Wie alt werden Pferde?
Im Durchschnitt wird die Lebenserwartung eines Pferdes mit ca. 20 bis 30 Jahren angegeben. Der Leistungshöhepunkt eines Pferdes wird im Alter von etwa 12 bis 16 Jahren erreicht. Ab einem Alter von 20 Jahren wird bereits von einem alten Pferd gesprochen. Zur groben Veranschaulichung kann man das Alter eines Pferdes grob in Menschenjahre umrechnen. 20 Pferdejahre würden demnach ungefähr 60 Menschenjahren entsprechen. Die Sinnhaftigkeit dieser Umrechnung wird jedoch kontrovers diskutiert. Je nach Größe des Tieres kann die Lebensdauer variieren. Kleinere Tiere werden häufig älter als Große. Auch Unterschiede zwischen den Pferderassen sind zu beobachten. So wird beispielsweise bei Arabern und Shettys eine etwas höhere Lebenserwartung angegeben als bei anderen Rassen.
Wie alt ein Pferd tatsächlich wird, hängt jedoch auch stark von Gesundheit, Fütterung, Haltung und Pflege ab. Bereits im Jungpferdealter wird die Basis für ein langes und gesundes Pferdeleben gelegt. So prägen unter anderem regelmäßige Bewegung, eine in jedem Lebensabschnitt dem Alter angepasste Fütterung, frische Luft und Kontakt zu Artgenossen die Gesundheit eines Pferdes auf seinem Lebensweg. Die Vermeidung von Übergewicht und eine regelmäßige Hufpflege sind ebenso essenziell, um Fehlstellungen und eine Überlastung von Sehnen und Gelenken zu vermeiden.
Was verändert sich bei Pferden im Alter?
Alterserscheinungen machen sich beim Pferd äußerlich unter anderem durch eine veränderte Fellbeschaffenheit bemerkbar. So sind die Deckhaare häufig sehr lang, der Fellwechsel dauert deutlich länger und sie schieben ihr Winterfell oft früher als junge Tiere. Auch das Abwerfen des Winterfells im Frühjahr dauert deutlich länger, wodurch Seniorpferde meist schlechter mit Hitze umgehen können als junge Tiere und schnell ins Schwitzen geraten. Generell werden extreme Wetterwechsel von alten Pferden eher schlechter vertragen, da ihr Immunsystem weniger effizient arbeitet und so das Risiko für Infektionen ansteigt.
Häufig sind die Zähne im hohen Pferdealter so weit abgenutzt, dass das Futter nur unzureichend gekaut wird. Zudem kann die Darmmotorik schlechter werden, wodurch die Anfälligkeit für Koliken steigt. Es ist sogar möglich, dass ein Pferd erst im Alter zum Ekzemer wird.
Äußerlich können bei alten Pferden beispielsweise auch folgende Merkmale beobachtet werden:
- eingeschränkte Beweglichkeit.
- durchhängender Rücken und hervorstehender Widerrist.
- eingefallenes Gesicht mit tiefen Höhlen über den Augen.
- Gewichtsverlust durch schlechtere Nährstoffverwertung, geringere Futteraufnahme und fortschreitenden Muskelschwund („knochiges Erscheinungsbild“).
- graue Haare (besonders um Augen und Ohren, sowie am Maul und auf der Stirn).
Nicht immer sind die Alterserscheinungen einem Pferd äußerlich anzusehen. Wenn die Organe im höheren Alter nicht mehr so effizient arbeiten, ist dies nicht immer sofort erkennbar. Die degenerativen Prozesse einer Arthrose in den Gelenken beispielsweise, verlaufen schleichend und führen nicht sofort zu einer Lahmheit.
Wie kann ein altes Pferd unterstützt werden?
Ein Pferd kann im Alter auf unterschiedliche Weise unterstützt werden. Krankheitsbedingte Probleme müssen dabei stets individuell berücksichtigt werden. Generell sind jedoch häufig die folgenden Punkte für ein Seniorpferd wichtig:
Angepasste Fütterung
Ältere Pferde haben einen höheren Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, da die Fähigkeit des Körpers Nährstoffe zu speichern nachlässt. Dies sollte bei der Zusammenstellung der Ration berücksichtigt werden. Bei alten Pferden sind unter anderem Vitamin A, B, C & E, sowie Selen und Zink von besonderer Bedeutung. Empfehlenswert sind auch hochwertige Proteine, sowie Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren im Futter, dabei aber immer auf einen geringen Gehalt an Zucker und Stärke geachtet werden.
Für die optimale Versorgung des Pferdes kann auch auf spezielles Seniorfutter zurückgegriffen werden, welches den Bedarf des Tieres in diesem Lebensabschnitt berücksichtigt. Mit einem guten Seniorfutter können so Gewichtsverlust und altersbedingte Stoffwechselprobleme zum Teil kompensiert werden.
Für eine gute Raufutterversorgung sollte auch den älteren Tieren immer genügend Heu zur Verfügung stehen. Bei Pferden werden mindestens 1,5 kg Heu pro 100 kg Lebendgewicht empfohlen. Sind die Zähne zu stark abgenutzt oder der Kauapparat in seiner Funktion auf andere Art eingeschränkt, kann es sinnvoll sein, auf eingeweichte Heucobs zurückzugreifen, damit das Pferd genügend Rohfaser aufnimmt.
Da die Darmmotorik im Alter häufig schlechter wird, sollte das Futter für die Seniorpferde leicht verdaulich sein. Mehrere kleine Futterportionen am Tag sorgen zudem für eine Entlastung des Verdauungstraktes.
Alte Pferde können außerdem dazu neigen, zu wenig zu trinken. Besonders bei Zahnproblemen kann es dem Tier helfen, das Wasser in Bottichen anzubieten, statt aus dem Selbsttränker. Auf diese Weise wird kein Druck auf das Maul ausgeübt.
Bewegung & Beschäftigung
Um dem Muskelabbau ein Stück entgegenzuwirken ist die regelmäßige Bewegung auch für Seniorpferde extrem wichtig. Sehnen und Gelenke bleiben dadurch länger elastisch, die Muskeln geschmeidig und die Beweglichkeit des Tieres wird besser erhalten.
Die Intensität und Dauer der körperlichen Arbeit sollte an das Alter des Pferdes angepasst werden. Zudem brauchen Seniorpferde meist deutlich länger, um nach einer Ruhephase wieder „in die Gänge zu kommen“.
Schutz vor der Witterung
Die Thermoregulation klappt bei einem alten Pferd häufig nicht mehr optimal, weshalb Seniorpferde bei schlechter Witterung schnell frieren. Ein wetterfester Unterstand oder eine Regendecke können in diesen Fällen sinnvoll sein, damit das Fell des Pferdes nicht bis auf die Haut durchnässt wird. Ob das Tier eingedeckt werden muss und wie dick die Decke sein sollte, ist dabei immer eine individuelle Entscheidung.
Mehr zum Thema Thermoregulation und Eindecken.
Da der Fellwechsel bei alten Pferden häufig länger dauert, kann bei einigen Tieren das Scheren des Fells im Frühjahr sinnvoll sein. Werden die Seniorpferde ihr Winterfell bei warmen Temperaturen nicht los, können sie sonst schnell ins Schwitzen geraten. Meist ist es nicht notwendig das komplette Pferd zu scheren, sondern ein sogenannter „Ralleyschnitt“ bzw. „Streifenschnitt“ reicht aus, um einen Hitzestau beim Pferd zu vermeiden. Dabei wird lediglich die Unterseite des Halses, die Brust, die Unterseite des Bauches und ein Teil der Hinterhand geschoren.
Zahnkontrolle
Die Zähne eines Pferdes nutzen sich im Laufe des Lebens nach und nach ab. Irgendwann sind nur noch die Wurzelreste vorhanden, denen jedoch die Schmelzeinfaltungen fehlen. Ihre Oberfläche ist dadurch nicht mehr rau genug, um das Futter richtig zu zermahlen. Sind einige Zähne irgendwann lose und fallen sogar ganz aus, können sich die umstehenden Zähne verschieben und zur Seite kippen. In den entstehenden Zahnzwischenräumen können sich Futterreste ansammeln und schmerzhafte Parodontaltaschen entstehen.
Um entstehende Zahnprobleme rechtzeitig zu erkennen, sollte eine Zahnkontrolle beim Pferd deshalb regelmäßig erfolgen. Mehr zum Thema Zahnpflege beim Pferd.
Weitere interessante Artikel in unserem Magazin/Ratgeber: